Die Darstellung des Leidens Jesu als Weg darzustellen ist alt. Ungefähr 700 Jahre sind seit der ersten Aufstellung eines Kreuzweges, der damals noch in der Natur stattfand, vergangen. Seit 400 Jahren sind die Stationen vornehmlich in der Kirche zu finden.
Der Zweck ist dabei über die Jahrhunderte gleichgeblieben: das Leiden Christi erfahrbar machen und den Menschen bildlich näher bringen. Die Zeiten haben sich seitdem verändert. Die Welt ist schneller geworden und die erhöhte Zahl an Kirchenaustritten zeigt, dass immer mehr Menschen mit Religion und Kirche immer weniger anfangen können. Wie also könnte vor dem Hintergrund eine „Verheutigung“ des Kreuzweges aussehen? Besonders, wenn sie von Schülern durchgeführt wird, deren Berührungspunkte mit der Kirche im Alltag abnehmen? Diese Fragen stellten sich die Lehrkräfte der drei Religions-Kurse der Q2 am Ursulinengymnasium Werl, Kerstin Bieker, Julia Heihoff und Alexander Scholz. Der Zeitpunkt für ein solches Projekt war darüber hinaus günstig. Einerseits wegen der schon in wenigen Wochen stattfinden Kartage, andererseits aber auch wegen der Unterrichtsreihe „Christologie“, die in allen Kursen behandelt wurde. Zudem lag im Stundenplan der Religionsunterricht so, dass immer drei Schulstunden am Stück stattfanden. Folglich habe man „aus der Not eine Tugend gemacht“ und darin die Chance gesehen die Schüler mit dem Projekt zu beauftragen, eine Kreuzwegstation zu wählen und die Botschaft hinter der Station auf die Probleme zu beziehen, die sie ganz persönlich betreffen. Diese Neuinterpretation sollte auf einem eindrucksvolles Foto dargestellt und von Texten begleitet werden, die zum Nachdenken und Innehalten einladen.
Herausgekommen sind 14 Stationen, bei denen man „Schüler neu erfahren“ könne, so Scholz. Denn das, was geboten wurde, hatte durchaus Tiefgang. So wurde beispielsweise die erste Station „Jesus wird zum Tode verurteilt“ auf Mobbing durch soziale Medien bezogen. Das Ergebnis sei „richtig gut geworden“ resümiert Bieker. Auch sei es beeindruckend, „wie stark sich die Schüler vor dem Abitur nochmal auf ein solches Projekt eingelassen haben“. Darüber hinaus hat es gezeigt, dass „Schule mehr ist, als nur Wissensvermittlung“, ergänzt Scholz. Insgesamt können alle „einen Gewinn“ aus dem Projekt ziehen und stolz auf sich sein, fassen die Lehrkräfte zusammen.
Doch nicht nur die Lehrer waren begeistert, auch die Schüler. Besonders die „sehr kreativen Ideen“ wurden hervorgehoben. Zudem sei es allen Gruppen gelungen einen Aktualitätsbezug durch die Behandlung von sie selbst betreffende Themen, wie etwa dem Lern-Stress vor dem Abitur, herzustellen. Auffallend sei gewesen, dass die Atmosphäre „wie in einem Museum“ gewirkt habe, weiß ein Schüler noch zu ergänzen.